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Ribal Al-Assad calls for a peaceful inclusive democratic transition in Syria in interview with Zeit Online

Saturday, 5 May 2012

"Baschars Abgang würde nichts ändern"

Ribal al-Assad beschreibt seinen Cousin, Syriens Präsidenten Baschar al-Assad, im Interview als ängstlichen Herrscher ohne Macht. Dem Westen wirft er Heuchelei vor.

ZEIT ONLINE: Herr al-Assad, die Proteste gegen Ihren Cousin, den syrischen Herrscher Baschar al-Assad, haben bislang mehr als 11.000 Menschen das Leben gekostet. Warum akzeptiert Ihr Verwandter dieses Sterben?

Ribal al-Assad: Ich denke nicht, dass er die Kontrolle darüber hat. Man muss verstehen, dass Baschar nur an die Macht kam, weil sein Bruder 1994 bei einem Autounfall starb. Bis zum Jahr 2000, als er Präsident wurde, hatte er nicht die Zeit, sich eine Machtbasis aufzubauen. All die Leute, die ihn an die Macht gebracht haben, sind seinem Vater oder seinem verstorbenen Bruder verbunden. Dazu kommt, dass er keine militärische Erfahrung hat. Er war ein Niemand im Militär, er hatte keinen Rang, wurde dann aber innerhalb von sechs Jahren zum Oberbefehlshaber.

ZEIT ONLINE: Das Militär akzeptiert ihn nicht?

Al-Assad: Nein, die lachen über ihn, er genießt keinen Respekt. Der einzige Grund, warum er da oben ist, lautet: Er ist schwach genug, um die Interessen der Leute um ihn herum zu wahren. Sein Vater hatte ein System etabliert, das ausschließlich auf Rivalitäten aufgebaut ist. Bislang hat Baschar nichts geleistet, weil er es gar nicht kann. Man sieht ja an diesen lächerlichen E-Mails, die er geschrieben hat, dass er gar nicht regiert. Aber der Westen, der von Syrien so wenig weiß, war begeistert. Man rief, Baschar sei ein Reformer und er habe in London studiert. Madeleine Albright, Tony Blair reisten zu ihm, Jacques Chirac empfing ihn sogar schon, bevor er Präsident war. Ich bitte Sie! Baschar hat bloß ein Jahr lang in England studiert, das macht einen noch nicht zu einem Kind des Westens.

ZEIT ONLINE: Sie leben seit Ihrem neunten Lebensjahr im Westen. Sie müssen es wissen.

Al-Assad: Genau. Dann gibt es Menschen wie diejenigen der Muslimbruderschaft, die seit 30 Jahren im Westen leben und sich immer noch einen Dreck um demokratische Werte scheren.

ZEIT ONLINE: Verstehe ich Sie richtig? Würde Baschar abtreten, an der schrecklichen Situation würde sich gar nichts ändern?

Al-Assad: So ist es, sein Abgang würde nichts ändern. Dazu kommt, dass er gar nicht den Mut hat, abzutreten.

ZEIT ONLINE: Warum?

Al-Assad: Weil man ihn sofort ermorden würde. Er hat sich ja in den letzten Monaten seinem Volk nie wirklich gezeigt. Er hat Angst. Zu Recht. Konstitutionell ist er verantwortlich für die schlimmen Dinge, die passiert sind und immer noch passieren.

ZEIT ONLINE: Wer ist denn der starke Mann?

Al-Assad: Es gibt keinen einzelnen. Das System der Rivalität war ursprünglich dazu da, den Präsidenten zu schützen – indem sich die Gruppen um ihn bekämpfen und so gegenseitig lahmlegen. Dumm nur, wenn der Präsident so schwach ist, dass er aus dieser Situation keinen Gewinn fürs Land schlagen kann. Er wollte ja den "Frühling von Damaskus", man hat es ihm ausgeredet.

ZEIT ONLINE: Was kann getan werden?

Al-Assad: Es gibt eine große Sehnsucht nach Freiheit und Demokratie. Aber das syrische Regime konnte den vielen Minderheiten, aus denen Syrien besteht, glaubhaft machen, dass die eine Minderheit gegen die andere Minderheit agiert. Die Luft ist immer voller Verschwörungstheorien. Und die internationale Gemeinschaft hat das nicht begriffen. Aber was ist die Alternative zu diesem schlechten Regime? Sind es die Islamisten? Sicher nicht.

ZEIT ONLINE: Das Problem der Opposition in Syrien ist ja auch ihre Uneinigkeit.

Al-Assad: Genau. Die Opposition, die international wahrgenommen wurde, ist der SNC, der Syrische Nationalrat.

Al-Assad: Weil er es ist. Der SNC wurde in der Türkei groß, einem Land, in dem eine islamische Partei regiert. Diese Opposition schließt aber andere aus, zum Beispiel die Kurden, die 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen. 80 Prozent des SNC bestehen aus Mitgliedern der Muslimbruderschaft.

ZEIT ONLINE: Nochmals: Was wäre eine Lösung?

Al-Assad: Die internationale Gemeinschaft müsste die Wahrheit sagen. Wenn Hillary Clinton bei einer Veranstaltung der Friends of Syria sagt, sie wolle einen friedlichen, demokratischen, alle einschließenden Übergang in Syrien, dann sage ich: na toll! Zu diesem Treffen war nur der SNC eingeladen, alle anderen Oppositionskräfte nicht.

ZEIT ONLINE: Was also wäre eine Lösung?

Al-Assad: Die internationale Gemeinschaft müsste die Opposition zusammenbringen, die gesamte Opposition, zum Beispiel bei einer Konferenz in Deutschland, welches bei uns als neutrales Land ein hohes Ansehen genießt.

ZEIT ONLINE: Glauben Sie, es gäbe ein wirkliches Interesse an so etwas?

Al-Assad: Ich glaube nicht. Sonst wäre es doch schon lange passiert. Ich denke, man hat diese Aufgabe an die Türkei, Saudi-Arabien und Katar delegiert. Aber diese Länder haben doch gar kein wirkliches Interesse an einer Demokratie in Syrien. Sonst würden diese Länder, vor allem Saudi-Arabien und Katar, nicht mit viel Geld die Islamisten in den Nachbarländern unterstützen. Und diese drei Länder haben keinen guten Ruf in Syrien, vor allem nicht die Türkei, mit ihrer ottomanischen Vergangenheit. Der Westen sollte also endlich die Führung übernehmen und seine heuchlerische Politik beenden.

ZEIT ONLINE: Ihr Vater, Rifaat al-Assad, ehemaliger Verteidigungsminister und Vizepräsident, soll für eines der schlimmsten Massaker in Syrien verantwortlich sein, 1982 in Hama, wo 20.000 Menschen starben. Ich weiß, dass Sie bestreiten, dass er überhaupt da gewesen sei. Ich möchte das hier nicht diskutieren, auch wenn die Quellenlage ziemlich eindeutig ist. Aber bereuen Sie manchmal, dass Sie al-Assad heißen?

Al-Assad: Nein, ich bin stolz auf meinen Namen und auf die Geschichte meines Vaters. Er war der erste, der Demokratie in Syrien wollte. Er wollte wirkliche Reformen. Er gab den Frauen mehr Rechte, er gründete Universitäten. Aber er musste gehen, er wollte dieses blutrünstige Treiben nicht mitmachen. Und was ist an Reformen passiert, seitdem mein Vater Syrien verlassen hat? Nichts. Ich habe nie einen aufrichtigeren Menschen kennengelernt als meinen Vater.

ZEIT ONLINE: Sind Sie auch so aufrichtig?

Al-Assad: Natürlich, ich wurde ja von meinem Vater so erzogen.

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